Krankengymnastik als Ganzheitsmethode

Bei Rücken-und Gelenksleiden kann man meistens von der krankengymnastischen Seite her sehr viel tun. Der Krankengymnast kann

zudem oft noch mehr als der Arzt als ein Psycho-Therapeut mit den Händen gelten, obwohl er sich Physiotherapeut nennt.

Vor allen Behandlungen nach der Methode von G. D. Maitland, nach der nicht nur das kranke Gelenk, sondern der gesamte Zusammenhang mehrerer Gelenk-, Sehnen-, und Muskel-Störungen und der entsprechenden Neurologie therapeutisch einbezogen wird, sind sehr erfolgversprechend (Maitland, G. D., Manipulation der Wirbelsäule, Springer (2008) und Literatur anderer Autoren über diese Methode (z. B. Therapiekonzepte in der Physiotherapie, Thieme).

Wenn man einen Halswirbel behandelt – so diese Methode -, muss man auch nach den Hüft- und Iliosakralgelenken sehen, denn die gesamte Statik, die gesamte Statur, ist wichtig. Der Maitland-Therapeut behandelt also auch die untere Wirbelsäule, wenn es um Störungen im Schultergelenk geht. Und er therapiert die Halswirbel, wenn die Hüftgelenke krank sind.

Damit ist die Methode effektiver als wenn z. B. nur der gestörte Bereich bewegt und massiert wird. Viel zu schnell landet man sonst bei den Orthopäden, die heute in Monster-Firmen organisiert sind, ausgestattet mit Röntgen- und Kernspintechnik, mit Operationssälen, Fräs- und Bohrgeräten, Iridiumtitanplatten, Knochenzement und Spezialschrauben (dynamischen Hüft- und Beckenschrauben z. B.), aber natürlich auch mit Edelstahlendoprothesen, -stiften und Nägeln und Verdratungs-materialien und weiß Gott was noch allem. Noch Mitte letzten Jahrhunderts hat es das alles nicht gegeben. Was haben die Leute früher bei Rückenbeschwerden gemacht?

Sie haben ein ganz anderes Leben geführt. Sie waren nicht so körperfremd. Sie sind in die heißen Quellen gestiegen, haben Einreibungen gemacht und Pflanzenextrakte aus Weidenrinde genommen. Sie haben viel mehr ausgehalten als wir. Sie haben mehr körperlich arbeiten müssen. Ständig haben sie etwas getragen, gehoben, geschleppt und gezogen.

Was hat es für einen Sinn, das alles aufzuzählen, denn heute wie damals war es einfach nicht gut, Rückenleiden zu haben. Doch unsere Osteosynthesen (Einsatz von künstlichem Material in Gelenke und Knochen) sind oft problematisch, denn man kann sie nicht mehr rückgängig machen, wenn es schief gegangen ist. In den letzten Jahren hat z. B. die Diagnose „Spinalstenose“ (eine Verengung des Wirbelkanals) ungeheuer zugenommen.

Und es wird ständig operiert. Diese Verengung, die oft nur gering ist und durch Knochenverdickung entsteht, ist nicht immer wirklich die Ursache der Schmerzen. Jeder Medizinstudent kennt schon die Röntgenbilder mit Osteochondrose (Knochenverdickungen) und Spondylose (Wirbelarthrose), die ganz schrecklich aussehen, aber der Patient hat gar keine oder kaum Schmerzen. Und umgekehrt gibt es die Kranken, die schlimme Schmerzen äußern und kaum einen Befund aufweisen.

Manche Ärzte fragen sich daher, ob es die Spinalstenose als ernst zu nehmende Erkrankung wirklich gibt. Ist sie ein moderner Mythos? Ein Syndrom (etwas, wo vieles zusammenliegt), das man genauso schamanistisch behandeln könnte, würden wir daran glauben können. Doch wir glauben an die Technik und wie man es eben auch materialistisch neurochirurgisch angeht. Aber ist der Schamane wie der Neurochirurg wirklich optimal?

Man muss die Krankheit in den Gesamtrahmen, den das allgemeine Leben, das Schicksal und die Lebensweise (Ernährung, Bewegung) des Patienten darstellt, einordnen. Berufliche, emotionale, genetische, psychosomatische und viele andere Faktoren wirken zusammen, ohne diese klinische Gesamtschau keine wirklich brauchbare Diagnose. Doch jeder Spezialist sieht nur seine konkreten Aspekte. Da liegt das Problem. Ganzheitliche Krankengymnastik kann also heute eine gute Therapiemöglichkeit sein.

 

Dr. Günter von Hummel ist Arzt und Psychotherapeut, und hat das Verfahren der Analytischen Psychokatharsis in zahlreichen Kursen und Büchern veröffentlicht. Sie finden eine Auswahl seiner Literatur auf seiner Website.
Literatur
Weiterführende Literatur:
Herzsprache. Eine Psychoanalyse des Herzens
Analytische Psychokatharsis: Eine Verbindung von Meditation und Wissenschaft
Ich liebe, also bin ich: Die Geschichte einer Erotomanie und der Versuch einer Dialektik der Liebe

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